Unsere grosse Reise

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Switzerland
Jacqueline wurde im vergangenen Jahr 40 Jahre alt und Dani konnte den selben Geburtstag dieses Jahr feiern. Wir beide sind seit 10 Jahren verheiratet und kennen uns seit über 20 Jahren. Für uns liefern bereits schon diese Fakten genug Gründe, um ein neues grosses "Midlife"-Abenteuer in Angriff zu nehmen. Das ganze geschmackvoll angereichert mit unserem chronischen Fernweh ergibt nun im Endergebnis eine Reise, von welcher wir noch nicht genau wissen, wohin sie uns im Detail führt, wie lange sie dauert und was genau auf uns zukommen wird. Mit diesem Blog möchten wir euch ein bisschen Anteil an unserem Trip haben lassen und euch aus unserer Optik berichten, was wir in der grossen weiten Welt erleben und was gerade so abläuft. Wir danken euch schon heute für eurer Interesse und wünschen euch viel Spass im Seitenwagen von Jack Daniels.
"Der Gewinn eines langen Aufenthaltes ausserhalb unseres Landes liegt vielleicht weniger in dem, was wir über fremde Länder erfahren, sondern in dem, was wir dabei über uns selbst lernen."

Roger Peyrefitte (*1907), frz. Schriftsteller und Politiker

Freitag, 23. März 2012

Bali - Götter und Dämone

In Bangkok sind wir ins Flugzeug gestiegen, viereinhalb Stunden geflogen, haben dabei den Äquator überschritten und sind schliesslich in einer ganz anderen Welt gelandet. Die letzte Destination auf unserer grossen Reise heisst Bali, die kleine Insel der Götter und Dämonen im indonesischen Archipel.

Da wir gegen den Schluss hin nicht mehr so den Drang verspüren, gross herumzureisen, haben wir uns gleich mal zehn Tage im Künstlerort Ubud einquartiert - wahrhaftig wieder mal ein ganz spezieller Platz. Die Strassen von Ubud sind von wunderschönen Restaurants, Cafés und Kunstgallerien gesäumt, die Stimmung ist äusserst relaxed, das Tempo ganz langsam - hier kann man es sich sehr gut gehen lassen. Wenn man den Ort auf die eine oder andere Seite verlässt, steht man schon nach kurzer Zeit inmitten sattgrüner Reisterassen. Die Intensität der Farben ist eine Symphonie für die Augen. Hie und da trifft man einen zufriedenen Reisbauer, mal ziert ein gemütliches Restaurant den Weg oder irgendwo sieht man einen Künstler, welcher sich von der Szenerie inspirieren lässt. Die Welt hier scheint so friedlich zu sein, Stress, Hektik, Konflikte, Missgunst etc. sind so fern - wir geniessen es noch einmal sehr. Glücklicherweise haben wir mit unserer Unterkunft ebenfalls ins Schwarze getroffen. Wir leben im Guesthouse einer typisch balinesischen Familie. An der Philisophie dieses Hauses ("...du kommst als ein Gast und gehst als ein Familienmitglied...") scheint etwas Wahres zu sein, wir fühlen uns bei diesen herzlichen Leuten sehr gut aufgehoben.

Ein ganz spezielles Fest, welches gerade jetzt auf Bali stattfindet, möchten wir euch nicht vorenthalten. In den Tagen vor Nyepi bringen wunderschön gekleidete Frauen grosse Kelche mit Opfergaben zu den Tempeln und am Vorabend steigt dann eine grosse Prozession. Junge Leute tragen die in monatelanger Arbeit gefertigten Monster durch die Strassen, machen einen Riesenkrach und vertreiben so die Geister von der Insel. Gut, werdet ihr euch sagen, das alleine ist ja noch nicht so ein Riesending, wir haben bei uns mit der Fasnacht ja etwas ähnliches. Stimmt! Was dann aber am Nyepi Tag selber passiert, ist wohl einzigartig. Alle Leute (inklusive Touristen) müssen in ihren Häusern bleiben, es darf niemand auf die Strasse gehen. Es darf weder gesprochen noch darf am Abend das Licht angezündet werden. Alles ist geschlossen, wirklich alles - sogar der internationale Flughafen. In und auf den Strassen ist keine Menschenseele anzutreffen (hat man uns gesagt). Wir konnten es nicht mit eigenen Augen kontrollieren, die Eingangstür unserer Unterkunft war fest verschlossen. Und wieso machen die Balinesen das? Falls die am Vorabend vertriebenen Geister noch einmal zurückkehren, sollen sie meinen, dass keine Menschenseele mehr auf der Insel sei und sie daher weiterziehen müssen. Andere Länder - andere Bräuche!

Apropos weiterziehen. In unerem Blog werden schon bald die letzten Zeilen geschrieben sein, wir zählen nicht mehr die Monate, nicht mehr die Wochen sondern die Tage, wir haben die Zielgerade erreicht, die baldige Heimkehr steht bevor. Klar sind die Gefühle etwas gemischt. Wir freuen uns auf Familie und Freunde, auf die Vorzüge der Schweiz und auf Bratwurst mit Rösti. Auf der anderen Seite sind wir aber auch etwas "gwunderig", wohin uns der weitere Weg führen wird. Wir beide sind offen für vieles, haben einen vollen Benzintank und einen grossen Koffer voller Motivation. Gerne zittieren wir an dieser Stelle noch einmal unseren südafrikanischen Reisekollegen Jonathan:

"Let's see what life brings!"


schön, dass wir den trolligen Ganesha hier in Bali noch einmal antreffen

die Unterkunft inmitten üppiger Landschaft ist ein Traum

im Reisfeld hat es allerhand Kreaturen...

...und sogar etwas ähnliches wie ein Osterhase...

die Vorbereitungen für Nyepi laufen auf Hochtouren

furchteinflössende Figuren säumen das Strassenbild

wo führt der Weg nach unserem Abenteuer wohl hin?

Samstag, 17. März 2012

Kambodscha - die andere Seite

Nach den vielen Tempeln kam ein kurzer Strandurlaub im Süden von Kambodscha gar nicht so ungelegen. In Sihanoukville vertrieben wir unsere Zeit mit ausgiebigen Strandspaziergängen. Leider war die Hitze fast unerträglich und die Sonne sehr aggressiv. Die Folge davon war, dass diese Umstände bei Jacqueline zu einem heftigen Sonnenstich führten, welcher am Schluss sogar mit Bewustlosigkeit endete. Es brauchte ein paar Tage, bis sich der Kreislauf von ihr wieder normalisiert hatte, jetzt ist aber (bis auf die heftigen Fieberblasen) alles wieder im grünen Bereich. Gott sei Dank!

Wenn wir im letzten Bericht über Beat Richner geschrieben haben, wie viele Menschenleben er schon gerettet hat, kommt man nicht darum herum, auch die unschöne Vergangenheit von Kambodscha zu erwähnen.

In den Jahren 1975 -79 fand hier ein Massaker statt, welches bis heute immer wieder mit den Greueltaten der Nazis im 2. Weltkrieg verglichen wird. Der Grund dafür war, dass die Khmer Rouge (Rote Khmer) unter der diktatorischen Führung von Pol Pot in Kambodscha die Gesellschaft mit Gewalt in einen Agrarkommunismus überführen wollten. Dieser Prozess umfasste unter anderem die fast vollständige Vertreibung der Bevölkerung der Hauptstadt Phnom Penh aufs Land und mündete in einem Massenmord an der Bevölkerung, der weltweite Bekanntheit erlangte. Pol Pot war der festen Überzeugung, dass die Ursachen für die Armut Kambodschas im Unterschied von Stadt und Land zu suchen seien. So wollte er das Bauerntum stärken und alles Städtische zerstören. Bücher wurden verbrannt,  Lehrer, Händler, Ärzte und beinahe die gesamte intellektuelle Elite des Landes wurde ermordet. Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, Banken, Krankenhäuser und Schulen wurden geschlossen. Bis zum Ende ihrer Herrschaft fielen den Khmer Rouge nach den verbreitetsten Schätzungen etwa 1,7 bis 2,2 Millionen Kambodschaner zum Opfer.

Wir hatten in Phnom Penh die Möglichkeit, das Deportationslager S-21 zu besuchen. In den Jahren 1975 bis 1979 waren zwischen 14'000 bis 20'000 Menschen aus allen Teilen Kambodschas dort inhaftiert, unter anderem auch solche Mitglieder der Khmer Rouge, die in den Augen der Führung als Verräter galten. Ungefähr 1'720 Personen waren für das Folterzentrum tätig. Es ist niemandem je gelungen, aus diesem Gefängnis zu flüchten und am Schluss haben nur sieben Personen überlebt. Einer von ihnen haben wir am Ausgang getroffen, was für eine eindrückliche Begegnung.

Mit all diesen Impressionen von einem Land, welches irgendwie noch weit hinterherhinkt, in dem aber trotzdem eine gewisse Aufbruchstimmung spürbar ist, sind wir ins Flugzeug gestiegen und haben unsere letzte Etappe in Angriff genommen.

vor unserer allerletzen Busfahrt - die Rucksäcke stehen bereit

Postkartenidylle in Sihanoukville

hier war die Welt für Jacqueline noch in Ordnung

Hochbau à la Kambodscha

Zelle im Deportationsgefängnis S-21

er hat das Massaker überlebt und wüsste wohl viel zu erzählen

dieses Massaker hier kann man hingegen wohl vertreten

Dienstag, 6. März 2012

Kambodscha - Eindrücke und Eindrückliches

Kambodscha - war da nicht irgendetwas mit einem Kinderarzt aus der Schweiz, und ist das nicht das Land mit dem 8. Weltwunder? Ja richtig, und genau darüber wollen wir heute berichten.

Völlig unverhofft sind wir in Siem Reap plötzlich an einem schönen Gebäude vorbei gekommen. Beim Eingang entdecken wir ein grosses und bunt illustriertes Plakat: Heute Konzert mit Dr. Beat Richner zu Gunsten der Kantha Bopha Kinderspitäler. Erst jetzt sehen wir, dass es sich bei diesem Bauwerk um das fünfte (und somit jüngste) Kinderspital handelt, welche der Schweizer des Jahres 2002 in Kambodscha aufgebaut hat. Natürlich lassen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen, und besuchen den Anlass. Beat Richner (oder Beatocello, wie er sich und sein Cello nennt) spielt wunderbare Musik von Bach. Dieser Abend ist aber weniger der Kultur gewidmet, als vielmehr den ausführlichen Informationen über sein Schaffen in Kambodscha. Um es gleich vorweg zu nehmen, wir können seine Leistungen hier gar nicht genug würdigen, sein Einsatz grenzt ans Übermenschliche. An diesem Abend waren wir unglaublich stolz, einen solchen Landsmann zu haben. Dr. Beat Richner setzt sich seit 20 Jahren in Kambodscha für kranke Kinder ein. In dieser Zeit hat er fünf Kinderspitäler ins Leben gerufen. Wir haben die Schlangen vor dem Spitaleingang gesehen. Eltern und Kinder, welche bei unglaublicher Hitze auf einer farbigen Bambussmatte ausharren, in erwartungsvoller Haltung, dass ihnen Dr. Switzerland, wie Beat Richner hier liebevoll genannt wird, helfen möge. Und wie er und seine Crew ihnen helfen. Die Behandlung ist für alle Kinder, und sie ist für alle gratis. Die Leute könnten sich hier ja gar keinen Kinderarzt leisten. Jeden Tag kommen 3'000 kranke Kinder in die fünf Spitäler. Etwa 300 werden hospitalisiert. Vier von fünf Kinder würden sonst sterben. Man kann es ganz einfach auf den Punkt bringen. Ohne Beat Richner würden in Kambodscha jeden Tag 250 Kinder sterben!

Irgendwie tönt das also alles nach Happy End, wäre da nicht die anhaltende Sorge, wie das Geld für diese Institutionen jedes Jahr zusammen kommt. 90% der Gelder sind aus privater Hand, nur 10% von Regierungen. Viele Staaten spenden kein Geld, weil die Patienten nichts für die Behandlung bezahlen. Wie sollten sie denn,  mit einem Durchschnittseinkommen von 0.50 US$/Tag? Es braucht eine dicke Haut, man hat das Gefühl, dass Richner manchmal gegen Windmühlen kämpft. Und doch scheint es ihm immer wieder zu gelingen, das Budget von 36 Mio. Franken irgendwie zusammenzubringen. Es ist ein unglaublicher Kraftakt, seine Gesichtszüge sind gezeichnet von all den Jahren. Uns hat dieser Mensch tief beeindruckt, wir ziehen den Hut vor ihm, er verdient unseren allergrössten Respekt. Wir wollen an dieser Stelle keine Werbung für karitative Einrichtungen machen. Falls aber irgend jemand mal eine gute Sache leisten will und ein "förigs Zwänzger- oder Füfzgernötli" hat, soll er es doch an die Kantha Bopha-Kinderspitäler geben (Details hier). Bei Beat Richner fliessen die Spenden nicht wie bei anderen Hilfswerken in eine teure Administration. Das Geld kommt sofort und vollumfänglich Millionen von Kindern in Kambodscha zugute, das können wir euch versprechen, wir haben es mit eigenen Augen gesehen.

Eine ganz andere Sache war der Besuch bei den Tempeln von Angkor. Während drei Tagen sind wir mit (eher schlechten als rechten) Fahrrädern kreuz und quer durch das grösste (und wohl eindrücklichste) religiöse Bauwerk der Welt geradelt. Hier erlebten wir eine perfekte Verschmelzung aus kreativem Ehrgeiz und spiritueller Hingabe. Es ist sagenhaft, welch grossartige Bauwerke sich uns offenbarten. Mal waren es pompöse Prachtsbauten mit einem unglaublichen Ausmass, dann wieder tief im Dschungel versteckte Tempel. Angkor hat die Dimensionen der Chinesischen Mauer, faszinierende Details wie beim Taj Mahal und eine Symbolik und Symetrie wie die Piramiden in Ägypten. Wir bezeichnen uns ja wirklich nicht unbedingt als prähistorische Kulturfreaks, aber bei Angkor hat es uns voll den Ärmel reingezogen. Die Auswahl der Fotos fiel uns schwer, wir hätten noch viele gehabt. Wer mehr davon sehen möchte, ab Mitte April sind wir wieder im Lande:-)


jeden Morgen versammeln sich neue Patienten vor dem Spitaleingang...

...und warten auf Matten, bis sie an der Reihe sind

der unermüdliche Beatocello ist in seinen Konzerten auf Spendersuche

nicht nur Geld ist wichtig, Blut wird ebeso dringend benötigt
Prachtsbauten aus frühester Vergangenheit

unsere Lieblings-Souvenirverkäuferin

und hier wurde unter anderem Tomb Raider gedreht

solche Gesichter sind überall zu finden...

...diese jedoch nur an ganz bestimmten Orten

das 8. Weltwunder - der Angkor Wat