Unsere grosse Reise

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Switzerland
Jacqueline wurde im vergangenen Jahr 40 Jahre alt und Dani konnte den selben Geburtstag dieses Jahr feiern. Wir beide sind seit 10 Jahren verheiratet und kennen uns seit über 20 Jahren. Für uns liefern bereits schon diese Fakten genug Gründe, um ein neues grosses "Midlife"-Abenteuer in Angriff zu nehmen. Das ganze geschmackvoll angereichert mit unserem chronischen Fernweh ergibt nun im Endergebnis eine Reise, von welcher wir noch nicht genau wissen, wohin sie uns im Detail führt, wie lange sie dauert und was genau auf uns zukommen wird. Mit diesem Blog möchten wir euch ein bisschen Anteil an unserem Trip haben lassen und euch aus unserer Optik berichten, was wir in der grossen weiten Welt erleben und was gerade so abläuft. Wir danken euch schon heute für eurer Interesse und wünschen euch viel Spass im Seitenwagen von Jack Daniels.
"Der Gewinn eines langen Aufenthaltes ausserhalb unseres Landes liegt vielleicht weniger in dem, was wir über fremde Länder erfahren, sondern in dem, was wir dabei über uns selbst lernen."

Roger Peyrefitte (*1907), frz. Schriftsteller und Politiker

Samstag, 26. November 2011

Indien - eine Bahnfart

Die Wartezeit am Bahnhof ist spannend, kommt der Zug, wann kommt er, sind unsere Plätze wirklich reserviert? Und plötzlich fährt ganz langsam und gemächlich eine hupende Diesellokomotive mit mindestens 50 Wagen ein. Ziemlich pünktlich, man könnte fast die Uhr nach der Indian Railway stellen. Nachdem wir endlich den richtigen Wagen gefunden haben, probieren wir uns mit vollem Einsatz in das Innere zu zwängen, nicht ganz so einfach, es hat Leute ohne Ende und alle wollen das Gleiche wie wir. Endlich bei unseren Plätzen angekommen, stellen wir fest, dass sich bereits schon jemand anders auf den Sitzen gemütlich eingerichtet hat. Kein Problem, die Regel Nummer eins beim Zugfahren in Indien lautet: Dein Platz ist immer besetzt, setz dich an einen anderen Ort. Da sich alle an diesen Grundsatz zu halten scheinen, sitzen am Schluss tatsächlich auch alle, irgendwie, irgendwo. Ganz langsam setzt sich das kolossale Vehikel in Bewegung, die letzten Personen steigen auf, die Reise kann beginnen. Es dauert nur wenige Augenblicke, bis die ersten Chai-Verkäufer mit ihren sonoren Stimmen die Passagiere zum Kauf des indischen Nationalgetränks animieren, ein Rufen, dass sich über die ganze Reise fortsetzt. Wir sind die einzigen Touristen, die einzigen Weissen, von überall her begegnen uns dunkle Gesichter, neugierige Augen, hie und da ein verlegenes Lachen. Wir können ihre Sprache nicht verstehen, sie unsere nicht, und doch heissen sie uns in ihrer Gesellschaft sofort willkommen. Toleranz gegenüber Fremden ist für sie kein Fremdwort, man muss nicht die gleiche Sprache sprechen, um miteinander zu kommunizieren. Die Fenster sind geöffnet, der angenehm warme Wind bläst uns ins Gesicht, eine unglaublich schöne Landschaft zieht an uns vorbei, wir fühlen uns frei. Dann ein Halt am Bahnhof im Nirgendwo, den Ort finden wir nicht auf der Landkarte. Das ältere und äusserst sympathische Ehepaar neben uns hat ihr Ziel erreicht, wohin sie der Weg wohl führen mag? Auch sie haben uns, wie bereits so viele vor ihnen, auf unserer langen Reise begleitet, wenn auch nur für einen ganz kurzen Augenblick. Die Begegnung war für uns eine Bereicherung, das herzliche Lachen dieser Frau packen wir als Souvenir ein. Der Zug setzt sich wieder schleichend in Bewegung, die Bilder an den Geleisen sind schockierend und faszinierend zugleich. Leute verrichten kauernd ihr Geschäft, das Rollmaterial dient ihnen als Toilette, die Sonne reflektiert das Licht in den frisch gewaschenen und bunten Gewänder, Blechhütten und primitivste Zelte flankieren die Bahnhofsausfahrt, Kinder lachen, schreien und spielen auf dem vom Dreck und Abfall überhäuften Vorplatz. Was erwartet das Leben von ihnen, was erwarten sie vom Leben? Sie gehen wohl eher einer unsicheren Zukunft entgegen. Und bald schon rast der Zug wieder mit Hochgeschwindigkeit inmitten üppiger Landwirtschaft. Frauen und Männer bestellen ihre Felder mit Ochsen und Wagen, fast wie zu Gotthelfs Zeiten. Die Sonne sinkt langsam dem Horizont entgegen, ihre Kraft lässt nach, die Farbe hat sich in ein sattes Orange verwandelt, der Tag neigt sich seinem Ende zu und somit auch unsere Bahnfahrt. Mit nun doch grösserer Verspätung treffen wir an unserem Endpunkt ein und steigen aus. Die anderen Passagiere aus unserem Abteil bleiben sitzen. Noch einmal schauen wir zurück, der Zug rollt wieder an, er ist noch lange nicht am Ziel. Wohin führt wohl der Weg für die freundliche Familie aus dem Wagen S7? Es war schön, dass wir sie auf ihrer Reise begleiten durften, wenn auch nur für einen ganz kurzen Augenblick.
Zug fahren in Indien ist nicht einfach von A nach B zu gelangen, es ist Kultur, es ist ein Ort der Begegnung, es ist eine Philosophie, es gibt nichts Vergleichbares.

emsiges Treiben am Bahnhof...

...farbenfrohe Bilder kurz nach der Abfahrt...

...und die Welt zieht einfach an uns vorbei

die Beiden haben es uns angetan...

...und die Attraktion im Zug sind eindeutig wir

Donnerstag, 17. November 2011

Indien - Episoden

Die vergangenen zwölf Tage waren wir im Bundesstaat Rajasthan, was übersetzt „Land der Könige“ heisst, unterwegs. Am besten und bequemsten ist es, diese Gegend mit dem eigenen Fahrzeug zu erkunden. Da aber nur die Wagemutigsten hier selber rumkurven, ist es in Indien üblich, dass man beim Mieten eines Fahrzeuges auch gleich einen Fahrer dazu nimmt (Kostenpunkt Fr. 35.--/Tag, alles inklusive). So haben wir uns diesen Luxus gegönnt und sind losgezogen. Ja und was haben wir nicht alles gesehen.

Ein Höhepunkt war sicherlich die Kamelschau in Pushkar. Immer im Kartika, dem achten Mond-Monat im Hindu-Kalender schniegeln und striegeln die Kameltreiber ihre Wüstenschiffe und machen sich auf den langen Marsch Richtung Pushkar. Jedes Jahr versammeln sich hier ca. 200‘000 Menschen und rund 50‘000 Kamele. Der Ort verwandelt sich in einen aussergewöhnlichen Wirbel aus Farben, Geräuschen und Bewegung, überschwemmt von Musikern und Mystikern, Touristen und Tieren, Händlern und Heiligen. Es war sagenhaft, diesem Schauspiel beizuwohnen.
Ein anderes Highlight war das unglaublich imposante Fort von Jodhpur. In dieser gewaltigen Festung liessen es sich die Maharadschas in der Vergangenheit so richtig gut gehen. Es ist einfach unglaublich, in welchem Prunk und Überfluss diese Herrscher damals gelebt haben. Das Fort ist übrigens derart bekannt, dass auch Hollywood darauf aufmerksam wurde. In den vergangen Monaten wurden hier Szenen zum neusten Batman-Streifen gedreht.
Und noch weiter westlich sind wir dann definitiv in der Wüste Thar gelandet. In Jaisalmer war es nicht mehr so hektisch und chaotisch, alles lief etwas langsamer und geruhsamer ab, dies ist  bestimmt auch auf die enorme und trockene Hitze zurückzuführen. Aus dieser Umgebung von tausend und einer Nacht bleiben uns zwei spezielle Erlebnisse in bester Erinnerung. Als erstes feierten wir mit Indischem Whiskey und Pepsi unseren elften Hochzeitstag und ritten dann tags darauf hoch zu Kamel über die herrlichen Sanddünen in den Sonnenuntergang, wie romantisch, nicht?
Eigentlich könnten wir über Rajasthan noch viel mehr schreiben, über Orte, über Sehenswürdigkeiten etc. Wir glauben aber, dass euch gewisse Randnotizen ebenso interessieren, und berichten deshalb lieber auch ein wenig darüber, was wir sonst noch alles in Indien erleben.
Wir stehen am Ticketschalter fürs Museum. Die Tickets kosten 150 Rupien (ca. Fr. 3.--) und wir bezahlen mit zwei Hundertrupiennoten. Der freundliche Angestellte fragt uns: „ no change sir (kein Kleingeld)?“ Wir antworten mit:“ No, we have no change“, worauf uns der nette Herr die beiden Hunderternoten wieder zurückgibt. Noch immer freundlich erklärt er uns: „no change, no tickets!“ und verweist uns an den nächsten Schalter wo bereits eine lange Schlange ansteht. Zu erwähnen sei hier noch, dass der Herr im Schalterhäuschen Nr. 1 etwa zwanzig Fünfzigernoten als Wechselgeld in seiner Kasse gehabt hätte. Es war ihm vielleicht heute einfach nicht so „drum“. Auch das ist Indien! 
Wir essen gut und genug und verlangen nach dem leckeren Mahl die Rechnung. Bevor wir diese richtig prüfen können, sagt uns der Kellner ganz verlegen, dass er gerade sehe, dass etwas nicht aufgeführt sei. Er rechnet das vergessene Gericht kurz im Kopf zum bereits fakturierten Betrag dazu und informiert uns über die neue Gesamtsumme. Der gute Mann vermeidet es natürlich, die Rechnung abzuändern, vergessen denn neu zu schreiben. Wir denken uns nicht viel dabei und bezahlen. Als dieses Spiel auch in anderen Restaurants immer wieder gleich abläuft, kommen wir dem Ganzen langsam auf die Schliche. Die Kellner haben sich hier einen lukrativen Nebenverdienst eingerichtet. Auch das ist Indien! 
Morgens um acht, wir stehen auf und geniessen die angenehme Kühle der Klimaanlage. Und auf  einmal „black out“. Der Strom ist ausgefallen. Na gut, das weiss man ja eigentlich von Indien. Es dauert ganze drei Stunden, bis die Elektrizität zurückkehrt. Am anderen Morgen stehen wir um acht Uhr auf und wieder Stromausfall. Am dritten Morgen um acht…richtig, kein Strom. Als wir an der Reception (wir sehen die dunkelhäutigen Angestellten kaum im ebenfalls stromlosen Büro) mal nachfragen, sagt man uns mit einem freundlichen und netten Grinsen und mit absolulter Selbstverständlichkeit, dass Aufgrund der Stromknappheit in dieser Stadt jeden Morgen für drei Stunden der „Pfuus“  abgestellt würde!“ Auch das ist Indien! 
Wir laufen durch die verstopften und schmutzigen Strassen, zu den Menschen und Hunden gesellen sich hunderte von Kühen. Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass es von Vorteil ist, wenn man genau auf die Strasse schaut, bevor man jeweils den nächsten Schritt macht. Die Konsistenz der indischen  Alpenpizza ist nämlich ziemlich hässlich. Kein Wunder bei dem, was die Kühe alles so fressen: Bananenschale, Zuckerrohr, Besen, Karton, Erde, Papier etc. Zu guter Letzt geben diese Viecher auch noch Milch. Da trinken wir doch lieber einen guten Schwarztee. Auch das ist Indien! 
Apropos Schwarztee, Balmers beim Frühstück. Wir studieren die Menükarte und sehen, dass eine Tasse Tee 10 Rupien kostet und ein Krug 50 Rupien. Als Schweizer rechnen wir natürlich ganz genau durch und bestellen den Krug, da kriegt man bestimmt mehr fürs Geld. Als uns der Kellner dann ein kleines “Chrüegli“ des schwarzen Getränks bringt, sind wir leicht konsterniert. In diesem Gefäss befinden sich nicht mehr als zwei Tassen, es kostet aber mehr als doppelt so viel, als wenn wir einzelne Tassen bestellt hätten. In unseren Augen macht das absolut keinen Sinn und wir fühlen uns leicht über den Tisch gezogen. Auf unsere Reklamation geht der Kellner nicht gross ein. Auch er gibt uns seine Antwort mit einem verschmitzten Lächeln: Das nächste Mal sollen wir doch vorher fragen, wie viele Tassen im Krug seien. Auch das ist Indien!
Und so gäbe es auch in dieser Hinsicht noch viel mehr zu erzählen, tagtäglich erleben wir solche oder ähnliche Situationen. Kunst ist es, locker damit umzugehen und ebenfalls nur darüber zu lachen. Aber unter uns gesagt, manchmal braucht es schon auch Nerven wie Drahtseil oder eine gewaltige Portion Geduld. Auch das ist Indien!

NACHTRAG: Puhhhhhhh, geschaft. Diese Internetverbindungen hier bringen einem fast zur Verzweiflung. Ganze vier Stunden haben wir nun für diesen Eintrag gebraucht, die Übertragungsrate ist soooo was von langsam und wenn es dann einmal läuft, fällt bestimmt wieder der Strom aus:-(

diese Lady hat sich aber ganz schön zuercht gemacht...

...und ihre Besitzer ebenfalls

Grössenwahnsinn pur bei den Maharadschas

eine indische Alpweide
Prost auf elf Jahre Krieg!

Dani Baba und die vierzig Räuber

die Brass Band Hinterindien stellt sich in Pose

mhhh, gudi gudi feini feini

hier noch etwas zum Thema Weihnachten