Unsere grosse Reise

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Switzerland
Jacqueline wurde im vergangenen Jahr 40 Jahre alt und Dani konnte den selben Geburtstag dieses Jahr feiern. Wir beide sind seit 10 Jahren verheiratet und kennen uns seit über 20 Jahren. Für uns liefern bereits schon diese Fakten genug Gründe, um ein neues grosses "Midlife"-Abenteuer in Angriff zu nehmen. Das ganze geschmackvoll angereichert mit unserem chronischen Fernweh ergibt nun im Endergebnis eine Reise, von welcher wir noch nicht genau wissen, wohin sie uns im Detail führt, wie lange sie dauert und was genau auf uns zukommen wird. Mit diesem Blog möchten wir euch ein bisschen Anteil an unserem Trip haben lassen und euch aus unserer Optik berichten, was wir in der grossen weiten Welt erleben und was gerade so abläuft. Wir danken euch schon heute für eurer Interesse und wünschen euch viel Spass im Seitenwagen von Jack Daniels.
"Der Gewinn eines langen Aufenthaltes ausserhalb unseres Landes liegt vielleicht weniger in dem, was wir über fremde Länder erfahren, sondern in dem, was wir dabei über uns selbst lernen."

Roger Peyrefitte (*1907), frz. Schriftsteller und Politiker

Dienstag, 6. Dezember 2011

Indien - Leben und Tod


Viele Stunden mit unzähligen Kilometern haben wir im Zug verbracht und sind vor ein paar Tagen in der westbengalischen Stadt Kolkata (ehemals Kalkutta) angekommen. Wieder einmal überlegen wir uns, wie wir das Erlebte zu Papier bringen sollen. Die Eindrücke sind dermassen tief, die Gegensätze extrem krass und vieles erscheint uns fast surreal. So beschränken wir uns diesmal auf ein Thema, welches uns beschäftigt und mit dem wir uns fast tagtäglich auseinanderzusetzen haben.

Leben und Tod sind in Indien allgegenwärtig. Wir sehen Menschen vor sich hinvegetieren, was sie von ihrem Leben noch übrig haben, ist unwürdig, es kümmert sich niemand um sie, es hat zu viele Menschen, jeder hat mit sich selbst zu kämpfen. Wir sehen Leute auf der Strasse sterben, es ist absehbar, dass ihnen ihre letzte Stunde geschlagen hat, auf dem Weg in eine (vielleicht) bessere Welt werden sie von niemandem begleitet, alle haben wichtigeres zu tun, bei vielen geht es ebenfalls ums Überleben. Vor unseren Augen verenden Tiere, vor lauter Krankheiten sehen sie aus wie Monster, sie werden von Fahrzeugen überfahren, dies kümmert niemand, die Kadaver lässt man einfach liegen. Wir werden Zeugen, wie Menschen tot auf der Strasse liegen, sie werden in Tücher gewickelt und mit dem Traktor abtransportiert, als wäre es die normalste Sache der Welt.

Die eindrücklichsten Erlebnisse hatten wir aber in Varanasi (ehemals Benares). Willkommen in einem der blendend buntesten, unerbittlich chaotischsten und gnadenlos irrationalsten Orte der Welt. Die Stadt gehört zu den ältesten ununterbrochen besiedeltsten Städten unseres Planeten und zählt zu den heiligsten Orten Indiens. Hinduistische Pilger strömen an die Ghats, die das Ufer des Ganges überziehen, um sich in dem heiligen Wasser von ihren Sünden reinzuwaschen oder um die Leichen ihrer Angehörigen einzuäschern. Die Toten werden singend auf Bahren durch die engen Gassen der Altstadt getragen bis der Leichenzug das Ufers des Ganges erreicht hat. Der Körper wird in den „heiligen“ Fluss getunkt und anschliessend auf den bereits vorbereiteten Scheiterhaufen gelegt. Das Feuer wird entfacht und die sterblichen Überreste werden verbrannt, bis am Schluss die gesamte Asche in den Fluss gestreut wird. Alles geschieht unmittelbar vor den Augen der Anwesenden, man sieht alles, wirklich alles – man riecht alles, wirklich alles. Die intimsten Rituale von Leben und Tod finden hier in aller Öffentlichkeit statt. Varanasi ist nichts für Zartbesaitete, auch uns sind diese Momente ziemlich eingefahren. Wer sich aber wie wir auf die Stadt einlässt, erlebt wohl die magischsten und eindrücklichsten Momente seines Lebens.

In Indien gehört die Vergänglichkeit des Seins zum Alltag. Wie offen und selbstverständlich die Leute damit umgehen, beeindruckt uns zu tiefst, es gibt keine Tabus, der Tod gehört zum Leben, das Leben zum Tod. Jeder akzeptiert sein Karma und schaut seinem Schicksal tief in die Augen, der hinduistische Glauben an die Reinkarnation (Wiedergeburt) sowie das (offiziell abgeschaffte!) Kastensystem tragen das seinige dazu bei. Im nächsten Leben wir alles anders.

Viele solcher Bilder erleben wir nur deshalb so intensiv, weil wir in den Städten nicht wie viele andere Touristen mit Bus, Rikscha oder Taxi unterwegs sind, sondern uns mehrere Stunden zu Fuss durch das chaotische und lärmende Strassengewirr bewegen. Wir sind mittendrin, wir gehören quasi dazu, wir fühlen den Puls des Lebens.

Immer wieder ringen wir um Worte, wenn wir über dieses Land berichten möchten. Gelingen wird es uns wohl nie, Indien kann man nicht beschreiben, Indien muss man erleben. Der Autor unseres Reiseführers schreibt, dass Indien wohl zu einem der am schwierigsten zu bereisenden Länder gehört, wir können dem nur beipflichten. Es wird einem alles abverlangt, der Gegenwert allerdings ist unermesslich, er ist unbezahlbar.


die verwinkelten Gassen von Varanasi

hier hat es Platz für alle Gestalten

die einen baden als religiöses Ritual...

...andere wiederum baden, um sich zu reinigen

...oder sie benutzen den Fluss um Kleider zu waschen

der Ganges muss für alles hinhalten

für uns kommt da eine Kaffeepause gerade gelegen

1 Kommentar:

tuktuk hat gesagt…

Hallo ihr Lieben. Da habt ihr Kaffeepause in der echten German Bakery gemacht, richtig? Nur immer schoen die Fuesse obenhalten, wegen den Maeusen unter dem Teppich ;)

gruess
Jukka