Lange haben wir darauf hin gefiebert, die Vorfreude war immens, intensiv war unsere Vorbereitung, doch ungewiss das, was die nächsten zwei Wochen auf uns zukommen würde. Das grosse Unterfangen „Annapurna-Umrundung“ war zum Fassen nah.
Mit der Gruppe, bestehend aus Dänen, Spanier und Australier, sowie einer fünfköpfigen Crew startete unser Unterfangen auf gerade mal 850 M.ü.M, inmitten üppiger Tropenvegetation. Die Luft war feucht, die Temperaturen hoch und vor uns lagen vierzehn Trekkingtage mit rund 5‘000 Höhenmeter. Die Tagesabläufe ähnelten sich und wichen kaum voneinander ab. Nach dem Frühstück wurden die Rucksäcke gepackt, die Wanderschuhe angezogen und los ging’s. Der Pfad führte uns in regelmässigen Abständen durch sehr einfache, doch von grosser Idylle geprägter Dörfer. Die Leute hier haben ein hartes Leben, im Sommer peitscht ihnen der Monsunregen um die Ohren, im Winter kämpfen sie gegen die klirrende Kälte und materiell stehen sie wohl so etwa am Anfang des letzten Jahrhunderts. Sanitäre Anlagen sind Mangelware und gegessen wird nur Reis und Gemüse…den ganzen Tag, jeden Tag! Und doch scheinen sie so zufrieden, man kann es in ihren Augen lesen, man entnimmt es an ihrem herzlichen Lachen, sie haben sich mit dieser Umgebung arrangiert, in Sachen Problemlösung sind sie grosse Vorbilder. Den Treckern bieten sie höchstmöglichen Komfort, was vier dünnen Holzwänden, zwei harten Pritschen, einem gemeinsamen Open-Air Plumpsklo (Tschinggeschiise) sowie einer kalten Dusche entspricht…wohlverstanden für jeweils etwa 30 Personen pro Unterkunft. Unsere Ansprüche wurden auf ein Minimum zurückgestuft und es ging trotzdem. Geschlafen und gegessen haben wir immer sehr gut, was will man eigentlich mehr. Die Landschaft ist enorm vielseitig, sie verändert sich tagtäglich und fast mit jedem Höhenmeter. Nach einer Woche hatten wir inmitten gischender Wasserfälle und Pinienwäldern sogar ein wenig Heimatgefühle. Und über all dieser herrlichen Landschaft thronen die gigantischen Achtausender des Himalaya-Gebirges. Unsere Emotionen sind überwältigend, umso schwerer fällt es uns, diese Eindrücke in Worte zu fassen. Als wäre das alles noch nicht genug, wirkt eine unglaublich spirituelle Kraft auf uns, welche als zusätzlicher Energielieferant dient. Seien es die an jedem Dorfeingang stehenden Gebetsmühlen, die im Winde wehenden Gebetsfahnen, die gesungenen Mantras der Mönche oder der allgegenwärtige Geruch von Räucherstäbchen. Das hier ist wahrlich eine ganz andere Welt.
Mit jedem Höhenmeter wurde aber auch die Luft dünner und dünner, die Schritte langsamer und der Schlaf nicht mehr ganz so tief. Ab 4‘000 M.ü.M mussten wir Ruhetage einbauen, Akklimatisation auf dieser Höhe ist lebenswichtig. Das sieht in etwa so aus, dass man vom Dorf aus über eine Wiese voller Yaks soweit auf einen Berg wandert, bis man die Höhe der nächsten Etappe erreicht hat, kurz ein paar Fotos schiesst und sich wieder auf den Abstieg ins Dorf macht.
Und dann machen wir uns am letzten Tag um 05.00 Uhr schliesslich auf die Socken, um den grossen Aufstieg zum Thorong-La Pass in Angriff zu nehmen. Es stehen die letzten tausend Höhenmeter vor uns, es geht langsam voran, das Herz pumpt mit Hochdruck, der Atem fällt schwer, die Temperaturen sind bitterkalt, die majestätischen Gipfel werden von den ersten Sonnenstrahlen angeschienen, einfach Wahnsinn! Und dann haben wir unser Ziel auf 5‘416 M.ü.M erreicht. Die Gefühle sind umwerfend, der morgendliche Ausblick auf Gletscher, Fels und sattblauen Himmel verschlägt einem gänzlich die Sprache…und wer jetzt glaubt, das wäre es gewesen, irrt sich. Der Abstieg vom Pass führt uns direkt ins sagenumwogene und geheimnisvolle Königsreich Mustang, als Schlussfeuerwerk erhebt sich vor uns der Dhaulagiri; mit seinen 8'167 M.ü.M. ist er der siebthöchste Berg der Welt.
Man soll mit Superlativen immer etwas vorsichtig umgehen, dessen sind wir uns voll bewusst. Wenn wir aber sagen, dass dieser Trek zu den drei schönsten Erlebnissen in unserem ganzen Lebens zählt, übertreiben wir wohl kaum. Zum Glück hatten wir an den Gestaden des Sees im wunderschönen Bergstädtchen Pokhara, und nun auch noch einmal hier in Kathmandu die Gelegenheit, das alles richtig einzuordnen und zu verarbeiten. Es war wirklich eine einmalige Zeit, wir kommen garantiert wieder, unser Fokus richtet sich nun auf Indien.
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angefangen hat alles inmitten sattgrüner Reisfelder, ... |
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...ging weiter durch schmucke Bergdörfer... |
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...und vorbei an meditativen Gebetsmühlen |
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tosende Wasserfälle leisteten uns regelmässig Gesellschaft |
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unsere international zusammegewürfelte Gruppe vor einem Kloster |
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faszinierender Ausblick auf den Manaslu (8'163 M.ü.M) |
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auf den Spuren unseres Porters (man beachte seine Schuhe!) |
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Gebetsfahnen, wohin man schaut... |
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...und eine besinnliche Morgenstimmung auf dem Lande |
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die riesigen Yaks sind ziemlich furchteinflössend |
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Akklimatisieren vor dem grossen Aufstieg ist das A und O |
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das langersehnte Ziel auf 5'416 M.ü.M ist erreicht |
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mit einem umwerfenden Blick auf den Dhaulagiri (8'167 M.ü.M)... |
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...und hinein ins Königsreich Mustang |
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geschafft, die Annapurna-Kette ist umrundet |